SBC-Treffen 2017 in Hamburg
Hoch hinaus im hohen Norden
Mit 279 Metern ist er das höchste Gebäude der Stadt: der Hamburger Fernsehturm. Der von 1966 bis 1968 erbaute Heinrich-Hertz-Turm, wie er offiziell heißt, war die erste Anlaufstelle des diesjährigen Mitgliedertreffens des Satelliten Beobachter Clubs e.V. (SBC), der nach über 15-jähriger Pause seit 2016 wieder regelmäßige Treffen veranstaltet.
Von Jörn Krieger
Starke Nachfrage nach Radio
Ralph-Ole Möller, Key Account Manager ARD von Media Broadcast, berichtete den Teilnehmern von der Entstehung, Entwicklung und den aktuellen Aufgaben des Fernsehturms, der sich direkt neben der Hamburger Niederlassung des Technik-Dienstleisters befindet. Anfangs wurde der Turm hauptsächlich für Telefonie und Richtfunk verwendet, heute dient er vor allem für terrestrische TV- und Radioausstrahlungen (DVB-T2, DAB+, UKW). Der regionale Hamburger DAB+-Privatradio-Multiplex, für den Media Broadcast von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein den Zuschlag als Plattformbetreiber erhalten hat, ist vollständig belegt, berichtete Möller. Weil es so viele Anfragen von Radiobetreibern gebe, sei ein zweiter regionaler Hamburg-Multiplex in Überlegung. Kein Wunder: Zu überschaubaren monatlichen Verbreitungskosten lassen sich 3,5 bis 3,7 Millionen Einwohner technisch erreichen. Das attraktive urbane Gebiet locke viele Sender an, auch von außerhalb Hamburgs, sagte Möller.
DVB-T2-Ausbau geht 2018 in dritte Runde
Nach dem erfolgreichen Start der neuen Generation des digitalen Antennenfernsehens DVB-T2 am 29. März 2017, mit dem erstmals in Deutschland HD-Programme terrestrisch übertragen werden, geht der Ausbau des Sendernetzes weiter, blickte Möller nach vorn. Während zunächst vor allem Ballungsräume versorgt wurden, kommen jetzt mittelgroße Städte und deren Umland dazu. Die nächsten beiden Aufschaltrunden, bei denen weitere Versorgungsgebiete vom alten DVB-T- auf das neue DVB-T2-System umgestellt werden, finden am 8. November 2017 und am 25. April 2018 statt.
Bibel TV hat Technik im Haus
Ein Sender, der DVB-T2 seit dem Start nutzt, ist Bibel TV. Der christliche Familienkanal, der in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiert, ist eine Besonderheit in der deutschen Medienlandschaft, denn er finanziert sich nicht über Rundfunkgebühren oder Werbung, sondern über Spenden, wie Beate Busch, stellvertretende Geschäftsführerin und Programmleiterin, hervorhob. Diese tragen zu 85 Prozent zur Finanzierung bei. Im Schnitt 40 bis 50 Euro geben die rund 57.000 Spender, die Bibel TV bislang auf diesem Weg unterstützt haben. Bibel TV wird als gemeinnützige Gesellschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht geführt: alle Einnahmen fließen in den Sender zurück. Busch betonte, dass sich Bibel TV als ökumenischer Sender verstehe, was sich auch darin widerspiegelt, dass die evangelische und die katholische Kirche über ihre Produktionsfirmen Gesellschafter sind: „Was uns verbindet, ist die Bibel.”
Videostreaming statt SNG
Einen besonderen Weg geht Bibel TV auch bei technischen Lösungen. Der Sender, der 40 feste Mitarbeiter beschäftigt, beherbergt an seinem Sitz in Hamburg nicht nur die Geschäftsführung und Redaktion, sondern auch ein eigenes Studio sowie die Produktions- und Sendetechnik. Im Studio werden gegenwärtig vier regelmäßige Sendereihen aufgezeichnet. Live sendet Bibel TV jeden Vormittag den Gottesdienst aus dem Kölner Dom. Interessant: Statt den klassischen Weg über einen SNG-Truck mit Satellitenübertragung zu gehen, gelangt das Signal über das offene Internet in die Sendeabwicklung von Bibel TV. Dabei kommt eine professionelle Videostreaming-Lösung zum Einsatz, die fehlende IP-Pakete automatisch nachsendet, so dass das laufende Bild trotz etwaiger Störungen der Internetverbindung nicht abbricht.
Uplinks in Wien und Betzdorf
Bibel TV wird in herkömmlicher (SD) und hoher Bildauflösung (HD) unverschlüsselt über das Satellitensystem Astra (19,2° Ost) ausgestrahlt. Das Programm beider Varianten ist identisch. Was die Zuschauer nicht merken: Der SD- und HD-Kanal gelangen über unterschiedliche Uplinkstationen auf den Satelliten. Bibel TV SD wird von der Astra-Betreibergesellschaft SES im luxemburgischen Betzdorf auf Astra hochgeschickt, während die ORF-Techniktochter ORS von Wien aus Bibel TV HD auf Astra überträgt. Die Fäden laufen in Hamburg zusammen: In der Sendeabwicklung von Bibel TV wird der Programmablauf festgelegt. Die einzelnen Sendungen werden als Videodateien auf die Server in den beiden Bodenstationen übertragen, abgespeichert und zum festgelegten Zeitpunkt ausgespielt. Die Steuerung erfolgt per Fernzugriff von den Bibel-TV-Technikern in Hamburg. Direkt von Hamburg ausgespielt werden die beiden Zusatzkanäle Bibel TV Impuls und Bibel TV Musik, die als Livestreams auf der Webseite www.bibeltv.de, per Smart TV/HbbTV und über die Bibel-TV-App auf Smartphones und Tablets empfangbar sind.
Die Verkündigung kostet
Pro Tag erreicht Bibel TV bis zu 250.000 Zuschauer, in Spitzenzeiten sind es 600.000 Zuschauer. Die morgendlichen Gottesdienst-Übertragungen schauen sich im Schnitt 70.000 Zuseher an. Wie wichtig die technische Verbreitung ist, zeigt sich im Gesamtbudget: Vom Jahresetat von 10,8 Millionen Euro entfallen 5,5 Millionen Euro auf die Verbreitungswege, etwa Satellit, Kabel und Terrestrik. Dahinter folgt mit fast 2 Millionen Euro das gedruckte, kostenlose Programmheft, das rund 260.000 Zuschauer beziehen. Stolz ist Busch auf das Durchschnittsalter der Bibel-TV-Zuschauer, das mit 51 bis 54 Jahren jünger sei als zum Beispiel der durchschnittliche ZDF-Zuschauer mit seinen 62 Jahren.
Neues Design, neue App
Anlässlich seines 15-jährigen Bestehens führte Bibel TV am 1. Oktober 2017 ein neues Erscheinungsbild ein. Die SBC-Mitglieder konnten bei ihrem Besuch des Senders schon vorab einen Blick auf das neue, farbenfrohere Design werfen. Eine weitere Neuerung ist für Jahresende geplant: Eine Kirchenfinder-App soll Menschen per Smartphone die Orientierung in fremder Umgebung erleichtern und Fragen beantworten wie: „Ich bin in Hamburg. Wo findet der nächste Gottesdienst in meiner Nähe statt?” Das alte Motto gilt auch in den neuen Medien: Wer sucht, der wird finden.
Satelliten Beobachter Club (SBC) lebt wieder auf
Der Satelliten Beobachter Club e.V. (SBC) hat sich 25 Jahre nach seiner Gründung neu formiert und veranstaltet wieder regelmäßige Treffen. Nach dem erfolgreichen SBC-Revival im November 2016 beim Eutelsat-Teleport in Rambouillet bei Paris will der Verein wieder eine aktive Rolle als Plattform für den Informationsaustausch zwischen Hobbyfreunden, Sat-DXern und Profis aus den Bereichen Satellitenkommunikation, Rundfunktechnik und Medien einnehmen. Einmal im Jahr veranstaltet der SBC wieder ein großes Treffen für seine Mitglieder (Besichtigungen, Vorträge, Technik). Das diesjährige Treffen fand vom 21. bis 23. September 2017 in Hamburg statt. Die neu gestaltete Webseite www.sbc-online.de informiert über den SBC, seine Geschichte, Treffen und Unterstützer.
Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift InfoDigital, Ausgabe 356 (November 2017). Die Originalfassung kann hier als PDF-Dokument (4 Seiten) abgerufen werden.
Die Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Infosat-Verlags.
InfoDigital (ehemals Infosat), die Fachzeitschrift für Satellit, Kabel und Medien, erscheint seit über 30 Jahren. Bezugsmöglichkeiten: www.infosat.de/abo-service
Danke an Media Broadcast und Bibel TV!