Filme, Serien und digitales Fernsehen
Der Satelliten-Beobachter-Club e.V. zu Besuch bei der Kirch-Gruppe in Unterföhring
Um ein Programm für einen TV-Sender abzuwickeln ist es allein mit dem Abspielen eines Fernsehfilms im Sendestudio eines TV-Senders nicht getan. Mit einer in der Bundesrepublik fast einmaligen Strategie hat die Kirch-Gruppe in Unterföhring, u.a. mit den Tochterunternehmen BetaFilm, TaurusFilm und DF1 sowie Beteiligungen an Sat.1, DSF, Constantin Film und BetaTechnik, alle Geschäftszweige von der Produktion über die Nachbearbeitung bis hin zur Ausstrahlung von Filmen, Serien, Shows und Dokumentationen in ihrem Haus vereint. Anläßlich des fünfjährigen Bestehens des Satelliten-Beobachter-Clubs e.V. konnten die Mitglieder am 28. April 1997 einen Blick hinter die Kulissen der „BetaTechnik GmbH“ werfen.
Überblick:
Die Kirch-Gruppe wurde von Dr. Leo Kirch 1956 gegründet und ist momentan in den Geschäftsfeldern Film- und Fernsehproduktion und -vertrieb, kommerzielles Fernsehen, Film- und Fernsehtechnik, Filmverleih und Filmtheaterbetrieb, kommerzieller Hörfunk, Printmedien, Musikverlagswesen sowie Videoproduktion und -vertrieb tätig. Das Stammgeschäft liegt im Einkauf, in der Produktion und dem Vertrieb von Programmen für Kino, Fernsehen und Video. Der Spielfilmbestand der Kirch-Gruppe beträgt etwa 15000 Titel, mit Serien, Kinderprogrammen, klassischer Musik und Dokumentationen sind es über 80000 Stunden Programm.
Neueste Spielfilme wie Schindlers Liste, Jurassic Park und Apollo 13 gehören die Rechte Dr. Leo Kirch wie auch im Serienbereich z.B. die StarTrek-Folgen, Viper, Akte-X, J.A.G. und Emergency Room. Im Sportrechtebereich besitzt die ISPR, ein Joint-Ventureunternehmen zwischen dem Axel Springer Verlag AG und der Kirch-Gruppe, die Rechte zur Ausstrahlung von Tennisturnieren und der Fußball-Bundesliga. Weiterhin hat die Kirch-Gruppe die Übertragungsrechte an den Fußballweltmeisterschaften 2002 und 2006 zusammen mit der Sporis Holding AG erworben.
Im Technikbereich ist die „BetaTechnik GmbH“, eine hundertprozentige Tochterfirma der Kirch-Gruppe, federführend. Dieses Unternehmen bewahrt die Filme für die Bearbeitung und Lieferung an die Kunden auf und leistet praktisch alle Schritte zwischen Ankauf des Filmmaterials und Zulieferung an die Sendeanstalten. „BetaDigital“ ging aus der BetaTechnik hevor und stellt die digitale Übertragungstechnik für DF1 zur Verfügung. Bei unserem Besuch stehen dabei die „BetaTechnik“ und „BetaDigital“ im Vordergrund.
Fragen und Neuigkeiten zu Thema DF1:
Im Verlauf des Besuchs konnten an den Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Herrn Schmitz, einige interessante Fragen und Neuigkeiten im Bezug auf die Kirch-Gruppe und deren Produkte stellen. Ein oft erwähntes Thema war die d-box sowie das digitale Fernsehen DF1.
Für die d-box plant die Tochter-Firma „Beta Technik“, die auch Inhaber von einigen d-box-Lizenzen ist, einige interessante Entwicklungsstrategien. So wurde angegeben, daß die Kirch-Gruppe die d-box nicht nur als DF1-Dekoder ansieht, sondern diese bewußt für andere frei empfangbare Programme innerhalb der technischen Möglichkeiten des Receivers freigab. So wurde verdeutlicht, daß die d-box ein digitaler Satellitenreceiver ist, der unabhängig vom DF1-Abonnement sämtliche digital und DVB-konform ausgestrahlte Free-TV-Programme empfängt.
So soll das Digitalfernsehen noch attraktiver gestaltet werden und DF1 nicht als einzigste Empfangsmöglichkeit im digitalen Bereich dargestellt werden. Dies wurde durch die komplette Kanallisteneinspielung innerhalb des Softwareupdates 2.2 für die Eutelsat HotBird-Position auf 13° Ost auch deutlich. Dies bedeutet, daß nach dieser Aussage zukünftig eine Sperre, z.B. der italienischen RAI und Mediaset-Programme nicht erfolgen wird.
Die jeweiligen Software-Updates werden von der Kirch-Tochter „BetaDigital“ in die d-box geladen. Ein weiteres Ziel ist die Einführung des „DiSEqC“-Steuersignals für Multiswitch-, Multifeed- oder Multidish-Empfangsanlagen. Die d-box hat die Möglichkeit dieses Signal zu generieren, bislang wurde es aber noch nicht zur Steuerung des LNB-Zugriffs genutzt. Der Zeitpunkt dieser DiSEqC-Softwareeinführung konnte allerdings noch nicht genannt werden.
Innerhalb des Diskussionsforums wurde ebenso die Frage nach den unterschiedlichen Preisen zwischen den an sich baugleichen „d-box“-Geräten für Deutschland, Italien, den Benelux-Staaten sowie Skandinavien gestellt. Der Preis von DM 890.- sei scharf kalkuliert. Es wurde allerdings keine Angabe darüber gemacht, ob die d-box nun von der Kirch-Gruppe subventioniert wird oder nicht.
Im Bereich der DF1-Plattform werden auch zukünftig Weiterentwicklungen Einzug halten. Dabei werden bisherige Angebote erweitert, neue Angebote hinzu genommen sowie weitere Verbreitungswege und -bereiche angestrebt.
Gemäß einiger Aussagen von Herrn Schmitz und Herrn von der Decken wird innerhalb des DF1-Pakets im Juni die Anzahl der CineDom PayPerView-Kanäle von vier auf bis zu sieben erweitert werden, um den Kunden von DF1 ein noch breiter gefächertes Spektrum von topaktuellen Spielfilmen anbieten zu können. Die Anzahl soll dabei je nach Qualität der zu übertragenden Filme bis zu sieben unterschiedliche Angebote umfassen; sie kann allerdings auch bei weniger Filmen, entsprechend CineDom-Kanälen, liegen.
Die Möglichkeit weitere PPV-Angebote auszustrahlen wird durch die Verdoppelung der CineDom Downstreamkanäle von acht auf 16 erreicht. Dies hat einige Vorteile. So fällt es zukünftig weg, daß die vier CineDom-Kanäle während Formel-1-Übertragungen bislang wegen der fünf weiteren DSF Plus Downstreams mit Sendeeinschränkungen belegt werden mußten. Weiterhin können Top-Filme jetzt auch nicht nur stündlich sondern auch halbstündlich ausgestrahlt werden.
Weiterhin wird am 21. Juni 1997 auch die Zusammenarbeit mit den „Multithématiques“-Kanälen von CanalSatellite beginnen. Hier sind zunächst vier verschiedene Spartenprogramme geplant. Für Angler und Jäger wird der Kanal „Seasons“ eingerichtet, der bei alleinigem Abonnement 15 DM und innerhalb eines DF1-Abos zehn DM kosten soll. Ein Dokumentarfilmkanal namens „Planet“ wird innerhalb des Basispakets von DF1 vermarktet und ohne Zusatzkosten für DF1-Abonnenten zu empfangen sein. Auf zwei weiteren Programmen werden klassische Spielfilme unter dem Namen „CineClassics 1“ und „CineClassics 2“ ausgestrahlt werden. Diese kosten einzeln 15 DM, in einem DF1-Abonnement können diese beiden Programme für neun DM zusätzlich empfangen werden.
Zum selben Zeitpunkt wird das DSF einen weiteren Sportkanal mit dem Titel „DSF Action“ in Betrieb nehmen. Dieser soll innerhalb des Sportpakets von DF1 angeboten werden und etwa 12 Stunden am Tag vor allem amerikanischen Wrestling-Sport ausstrahlen. Nachgedacht wird bei DF1 über einen Science-Fiction-Kanal. Hier könnten laut DF1 Serien bzw. Spielfilme aus diesem Genre gesendet werden.
Neu ist ebenso die Zusammenarbeit mit dem ZDF. Im DF1 Kanal „Krimi&Co“ werden ab Herbst diesen Jahres die ZDF-Krimis „Derrick“, „Der Alte“ sowie „Ein Fall für Zwei“ neu aufgelegt werden. Herzstück dieser Kooperation ist die neu gegründete Firma KrimiTel, ein Joint-Venture zwischen dem ZDF und der Kirch-Gruppe. KrimiTel wird im Herbst die Herstellung dieses Serienkanals, der auch weiterhin exklusiv im DF1-Paket zu sehen sein wird, übernehmen.
Nach einer Frage von einem der Schweizer Mitglieder des Satelliten-Beobachter-Clubs e.V., ob das DF1-Paket sowie die d-box auch zukünftig in der Schweiz erhältlich sein wird, hat Herr von der Decken dargelegt, daß DF1 in der Schweiz über Satellit technisch zu empfangen ist. Der Markteintritt von DF1 in der Schweiz wird in Zusammenarbeit mit dem dortigen Teleclub vorbereitet.
Im Radiobereich wird die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Pay-Radio-Anbieter DMX weiterhin fortgeführt. Das Audio-Angebot soll zukünftig noch vergrößert werden.
Dienstleistungen der „Beta Technik“:
Im Anschluß an die Fragestunde konnten die Mitglieder des SBC e.V.s die Betriebsräume der Firma „Beta Technik“ besichtigen. Diese führt für die Kirch-Gruppe und ihre weiteren Kunden Arbeiten im Bereich Postproduction, Grafik und Regie aus. Dabei sind die besonderen Schwerpunkte die Übertragung von Filmen auf die sendefähige digitale DCT-Technik sowie die Aufbereitung von US-Serien auf deutschen TV-Standard.
Zum Zeitpunkt unseres Besuchs wurde an einem Regieplatz z.B. eine Serie aus den vereinigten Staaten aus dem Standard NTSC in die europäische PAL-Farbkodierung umgesetzt. Hierbei konnte ersehen werden, daß die Qualität der US-amerikanischen Produktionen sehr oft nicht sendefähig ist, da die für NTSC typischen Änderungen der Farbnuancen bei einer „source direct“-Wandlung eine Farbverschiebung auftreten würde. Daher wird in dieser Regie eine elektronische Korrektur und Wandlung an einem Meßplatz vorgenommen.
Digitale Graphiken werden von „Beta Technik“ an speziellen Großrechnern hergestellt. Mit einer Paintbox und einem entsprechenden Graphikplatz können hier spezielle Foto- und Bildbearbeitungen vorgenommen werden, um z.B. aus einem Foto eines Flugzeugs, eines bewölkten Himmels und einer Sommerlandschaft einen bewegten Überflug des Flugzeugs über die Landschaft bei Wolkenzug zu realisieren.
Uplink:
Der Uplink zum Astra-Satellitensystem, über welches das DF1-Paket ausgestrahlt wird, erfolgt über eigene neun Meter große Uplinkantennen. Dabei wurde für jeden einzelnen Astra-Satelliten jeweils ein Spiegel errichtet, so daß momentan sechs Sendeeinheiten in Betrieb sind. Über diese Antennen werden ebenso die Programme Kabel 1, DSF, H.O.T. und Pro7 in analogem Standard ausgestrahlt. Pro7Schweiz wird dagegen aus Betzdorf/Luxemburg gesendet. Dorthin verläuft eine Glasfaserstrecke, über die das Programm zugeführt wird.
Abschluß des Besuchs bei Arabella:
Zum Abschluß des offiziellen Besuchs des Satelliten-Beobachter-Clubs e.V. in Unterföhring wurde ein Besuch einer Aufzeichnung der Pro7-Sendung „Arabella“ im Sendezentrum München gemacht. So konnten die Mitglieder im Zuschauerraum der Aufzeichnung der Sendung mit dem Thema „Mütter – Die Deppen der Nation“ beiwohnen, die am 10. Juni 1997 in Pro7 ausgestrahlt wird.
Die Mitglieder des Satelliten-Beobachter-Clubs e.V. möchten sich auch auf diesem Wege bei den Mitarbeitern und Angestellten der Kirch-Gruppe für die interessante Führung und die nette Betreuung, besonders bei Herrn Schmitz, Frau Bruchmann, Herrn Gzuk, Herrn Peter und Herrn von der Decken bedanken.
Dieser Artikel wurde von SBC-Mitglied Andreas Voigt geschrieben.